Mittwoch, 21. Februar 2018

Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung veröffentlicht 

Die BaFin hat am 16.02.2018 die Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung (IVV) veröffentlicht. Die IVV selbst war bereits am 04.08.2017 in Kraft getreten. Nachdem hier die sog. Risk-Taker-Identifizierung (Risikoträger), die in der Konsultation noch für CRR-Institute geplant war, herausgenommen wurde, war die Hoffnung auf einen geringen und einfachen Umsetzungsaufwand in den regionalen Instituten zunächst groß.

Mit der nun veröffentlichten Auslegungshilfe zeigt sich aber, dass die Bankenaufsicht, gerade für den Bereich der regionalen Kreditinstitute, das komplette Thema der „variablen Vergütung“ von Geschäftsleitern und Mitarbeitern mit einem sehr hohen Bedeutungsgrad versieht und so die Institute kurzfristig vor erheblichen Aufgaben stehen!

Fakt ist:

Die, auch von vielen Verbänden, erwarteten Öffnungsklauseln und möglichst schlanke/einfache Umsetzung der IVV wird es nicht geben. Die mehr als deutlich formulierte Erwartungshaltung der Bankenaufsicht an eine prozessuale Vergütungssystematik gilt für alle Institute!

Selten hat die Bankenaufsicht eine derart klar formulierte Auslegungshilfe präsentiert, sehr klar sind die Aussagen zur Erwartungshaltung im Bereich Vergütung und werden nur sehr wenig Spielraum in der Umsetzung bieten. Eine reine Überarbeitung von Vergütungsgrundsätzen reicht bei Weitem nicht aus!

Dazu ein kurzer Blick und einige Beispiele aus der Auslegungshilfe:

„Eine Vergütungspolitik, die auf kurzfristige Parameter ausgerichtet ist und einseitig Erfolg belohnt, ohne Misserfolg ausreichend zu sanktionieren, kann dazu verleiten, den langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg aus dem Blick zu verlieren. Eine derartige Vergütungspolitik läuft einem angemessenen Risikomanagement zuwider.“

„Der Vergütungsbegriff umfasst … alle finanzielle Leistungen und Sachbezüge

jeder Art, die ein Mitarbeiter im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit für das Institut

– auch von Dritten – erhält.“

„Um ein attraktives Vergütungsniveau sicherzustellen, wurden in der Vergangenheit teilweise vergütungsrelevante Ziele festgelegt, die leicht zu erreichen waren und nicht zu den in den Unternehmensstrategien gesetzten Zielen passten.Wurden selbst diese oft wenig ambitionierten vergütungsrelevanten Zielsetzungen nicht erreicht, sind vereinzelt gleichwohl nachträglich variable Vergütungen unter Hinweis auf beispielsweise exogene Effekte beschlossen und gewährt worden.“

„Die Institute haben sicherzustellen, dass die Methoden der Leistungs- und Erfolgsmessung einer angemessenen Kontrolle unterworfen sind, um zu gewährleisten, dass die Zuwendungskriterien nicht manipuliert werden können. Wenn derartige Kontrollen nicht vorhanden sind, dann gilt die variable Vergütung als nicht ausreichend mit Leistung bzw. Erfolg verknüpft, ist die Vergütungspolitik nicht angemessen ausgestaltet und kann jede Zahlung einer variablen Vergütung zu einer Verletzung der regulatorischen Anforderungen führen.“

Insbesondere die Regelungen der § 1–§ 14 der IVV gelten für alle Institute, viele der weiteren Regelungen nur für bedeutende Institute.

Die Bankenaufsicht erwartet AB SOFORT (es gibt keine Übergangsfristen!) eine Umsetzung der IVV. Dafür wird ein prozessorientiertes Vorgehen bei der Erfassung, Gestaltung, Dokumentation und Kontrolle der IVV-Vorschriften nicht vermeidbar sein.

Gleichzeitig sind die Aufgaben der verschiedensten Bereiche, u. a. Personal, Unternehmenssteuerung, Compliance und Revision zu strukturieren und auch in einer Organisationanweisung zu dokumentieren.

Mit dieser Auslegungshilfe zeigt die BaFin unmissverständlich auf, dass der Bereich Vergütung als ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements und damit natürlich auch der Risikokultur nach MaRisk gesehen wird.

Es wird die klare Vorgabe formuliert, dass Vergütung nur noch in den Kategorien „fixe Vergütung“ und „variable Vergütung“ zu unterteilen ist und damit alle Zahlungen an Mitarbeiter (auch hier gilt zukünftig der weite Arbeitnehmerbegriff) durch die Bank zu erfassen, zu steuern und zu dokumentieren sind.

Die Banken sind gehalten, einen Vergütungsprozess für variable Vergütungsbestandteile in den Instituten zu installieren. In diesen Prozess ist auch das Aufsichtsorgan einzubeziehen.

Ebenso wird das Volumen der evtl. variablen Vergütung (Bonuspool) zur Steuerungsgröße, die auch in entsprechenden Simulationen zu hinterlegen ist.

Die Bedeutung des Bereiches Personal im „Vergütungsprozess“ wird sowohl in der Prozessgestaltung als auch in der Prozesskontrolle (Personal als Kontrolleinheit) extra betont.

Neben vielen prozessualen Vorgaben werden in der Auslegungshilfe auch sehr konkret einzelne (neu) zu regelnde Bereiche der Vergütung aufgegriffen, exemplarisch seien hier einige Themen herausgegriffen:

Nicht IVV-konforme Arbeitsverträge/Betriebsvereinbarungen:Die BaFin formuliert hier eine sehr weitreichende Hinwirkungspflicht der Institute, um Verträge, die nicht IVV-konform sind, entsprechend anzupassen. Auf der einen Seite wird zwar extra darauf hingewiesen, dass die IVV nicht in die Tarifautonomie eingreift (dies gilt insbesondere im Bereich der fixen Vergütung), gleichzeitig werden aber sehr konkret die Hinwirkungspflichten aufgegriffen, Verträge anzupassen, z. B. juristische Gutachten zu nicht konformen Regelungen.

Vergütung im Bereich der Baufinanzierung:

Die Auslegungshilfe greift die in der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Art. 7 Abs. 3) getroffene Regelung zur variablen Vergütung auf. JEGLICHE, auf quantitativen Zielen (Anzahl, Volumen…) beruhende variable Vergütung für alle Mitarbeiter, die in die Prüfung der Kreditwürdigkeit von Darlehensnehmern eingebunden sind, ist verboten! Die Formulierung ist eindeutig und deckt sich nicht mit den oftmals in den Instituten und Verbänden getroffenen Aussagen, dass weiterhin Volumens- oder Stückzahlabhängige Vergütungen zulässig sind, wenn weitere Ziele, z. B. Qualitätsziele, entsprechend berücksichtig werden!

Hier besteht für viele Häuser ein unmittelbarer Handlungsbedarf.

 SEMINARTIPPS

Neuer Verhaltenskodex & Risikokultur: Aufbau & Inhalte, 25.04.2018, Frankfurt/M.

Prüffelder des Personalmanagements – zunehmende aufsichtsrechtliche Anforderungen im Fokus, 26.04.2018, Frankfurt/M.

NEUE Auslegungshilfe IVV – Umsetzung in LSI Kreditinstituten, 15.05.2018, Köln.

Institutsvergütungsverordnung – Umsetzung, Öffnungsklauseln und Prüfungspraxis, 05.06.2018, Frankfurt/M.

Abfindungsregelungen:

Die Institute haben Regelungen für die Zahlung von Abfindungen zu treffen und diese Regelungen sind Bestandteil der neu zu schaffenden Organisationsrichtlinie. Die Anforderungen an die Abfindungsregelungen sind sehr ausführlich gestaltet (Kriterien der Gewährung, Höhe, Berechnungsmethode….). Bei Abweichungen von den selbst gesetzten Regelungen bleibt zukünftig nur der Weg über die Arbeitsgerichtsbarkeit (Ausnahme Abfindungsprivilegierung, z. B. bei Sozialplänen).

Bereits dieser erste Einblick in die Auslegungshilfe der IVV zeigt deutlich, welcher Handlungsbedarf in den Häusern besteht. Der Bereich Vergütung wird eindeutig zum regulatorischen Stolperstein und zum Prüfungsobjekt der internen und externen Revision.

PRAXISTIPPS

  • Die Umsetzung der Vorgaben der IVV ist zeitkritisch, da das Gesetz schon aus 2017 stammt und die Auslegungshilfe nur einen klarstellenden Charakter besitzt. Es sollten sehr zeitnah entsprechende Projekte in den Instituten aufgesetzt werden.
  • Sämtliche bestehende „variable Vergütungsregelungen“, d. h. alle Regelungen aus denen die Mitarbeiter finanzielle Zuwendungen bekommen, müssen mit Blick auf die strengen IVV-Anforderungen überprüft werden.
  • Die strenge Auslegung der Vorgaben der WKR bedingt ein schnelles Handeln bei bestehenden variablen Vergütungssystemen im Bereich der Baufinanzierung.
  • Aktuell laufende Abfindungsverhandlungen sind mit Blick auf die IVV und die institutsspezifische Regelungsnotwendigkeit noch einmal zu prüfen und ggf. prozessual anzupassen.
  • Die Aufsicht eröffnet mit dem § 12 „Überprüfung und Anpassung der Vergütungssysteme“ die Auslagerungsfähigkeit der Überprüfung, was auf Grund der deutlich steigenden Komplexität und der Sensibilität im Vergütungsbereich geprüft werden sollte.



Beitragsnummer: 407

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